Hausaufgaben

 

Neben Pest und Cholera gibt es eine weitere Seuche: Hausaufgaben. Zumindest, wenn es nach meinen Kindern geht.

 

Sie hassen Hausaufgaben.

 

Ich hasse sie mittlerweile auch - die Hausaufgaben. Und diejenigen, die mir damit meinen verdienten Feierabend (hahaha, ja ich weiss, es ist totaler Quatsch! Ich habe seit JAHREN (!!!!) keinen Feierabend mehr gehabt. Aber ich finde das klingt so schön.... Also, es war einmal vor langer Zeit, da lebte eine Prinzessin.... Ach nein, ich war ja bei...) also sie verkacken ihn. Sie verhunzen ihn. Sie machen ihn mir mies.

 

Denn JEDEN Abend - wenn Mutti brav die Schultasche packt (beim Junior) und der Seniorin mitteilt, dass sie doch bitte ihren Kram nicht im Flur rumliegen lässt, sondern ihre Tasche pronto packen soll, dann gehts los. Dann fällt den kleinen Ablegern ein, dass sie ja noch HAUSAUFGABEN machen müssen.

 

So so.

 

Was haben sie eigentlich heute in der Schule erledigt? Ja neeee, das wäre ja nicht zu schaffen gewesen. Und außerdem wäre ja spontan noch aufgefallen, dass da noch in Mathe und Lesen müsste man ja auch noch....

 

Vorhin, beim Fernsehen und beim Spielen und beim Chatten, da war NULL mit Hausaufgaben. Nichts. Aber jetzt, pünktlich zur Schlafenszeit, kommen die kleinen Streber in den Quark. Es geht los.

 

Die Große arbeitet am besten NICHT an dem ökologisch hochwertig verarbeiteten Schreibtisch aus Naturholz mit dem rückenfreundlichen Schreibtischstuhl, sondern im Bett. Gerne mit Chips und Handy (die Nina muss mir noch DRINGEND die Seitenzahlen mitteilen, das geht nur per WHATSAPP - ja nee is klar!!) und natürlich ausgebreitet im ganzen Zimmer. ARGH! Aufgeräumt sieht anders aus. Ich sehe meine Tagesschau in weite Ferne rücken.

 

Der Kleine ist ganz gewitzt. Eigentlich nur noch Lesen üben (allein das nervt!! Es klingt nach walisch, wenn er liest und mir dröhnen die Ohren, weil ich innerlich nach spätestens drei Zeilen im Kreis laufe, weil er immer noch B und D verwechselt. Und weil er ungern liest. Und sich total langweilt. Und man das an jedem Buchstaben merkt. Außerdem rät er gern. So kann es sein, dass der Textinhalt eine völlig andere Wendung nimmt, als vom Autor ursprünglich gedacht. Er findet das witzig. Haha! Ich irgendwie um diese Zeit nicht mehr ganz soooo). Dann fällt ihm ein, bisschen Mathe auch noch. Und Schreiben. Weil, das hat er in der Schule nicht gemacht, weil er lieber aus dem Fenster geguckt hat. Frage an das Kind: Warum guckst Du nicht lieber HIER aus dem Fenster und machst DORT Deine Aufgaben (und raubst der Lehrerin mit Deiner Schreibfaulheit den letzten Nerv?!). Aber nein. Das Schicksal hat es so gewollt. WIR schreiben also.

 

Er schreibt nicht gern. Deshalb will er später auch mal Chef werden, die müssen das dann nicht mehr machen. Diktieren kann er nämlich schon gut. Aber Schreiben ist öde. Und ich bin dann diejenige, die das dann anhören muss. Ach ja, dabei kann ICH doch am wenigsten dafür!! Von mir aus muss er nicht schreiben können, wenn er nicht will, bitteschön - ICH kann ja schreiben. Aber weil seine Lehrerin das nicht so entspannt sieht (vermutlich die Erfolgsquote) muss er es doch lernen und dafür schön brav seine Hausaufgaben schreiben. So ein Revoluzer ist er dann doch nicht, dass er das mit seiner Lehrerin ausdiskutiert, dafür muss ICH dann herhalten. Und so höre ich mir an dem Teil des abends, der eigentlich für "Sex and the city" reserviert war, sein Genösel an. Und lobe seine Schreibversuche. LOBE LOBE LOBE!!!!!! OMMMMMMM!!!!!

 

Während wir also sehr engagiert seine Hausaufgaben äh BESPRECHEN, findet im Zimmer der Großen eine seltsame Mischung aus Handy gucken und auf dem Bleistift kauen statt. Tausend Zettel liegen verstreut herum, verschiedene Bücher aufgeschlagen, finde keins zum Thema und wage es, sie dezent darauf hinzuweisen, was mit einem "Schschschschschsch!!!!!!! DAS verstehst DU NICHT!!!" kommentiert wird. Das stimmt sogar, ich verstehs nicht. Mehr ist Madame aber nicht bereit preiszugeben. Außerdem störe ich, weil sie gerade WAHNSINNIG wichtige Nachrichten an Nathalie schicken äh sprechen muss!! Hausaufgaben? Na, ob das noch was wird?! Ich werfe einen äußerst strengen Blick in die Runde und gehe.

 

Mein Herr Sohn prokelt immer noch seiner Schreibaufgabe herum und hat mittlerweile vor Anstrengung eine rote Rübe bekommen. Außerdem tut ihm die Hand schon weh und ob ich nicht mal für ihn schreiben könne. Nein, kann ich nicht. Na gut, dann hat er auch keine Lust mehr und macht jetzt gar nichts und geht dafür aber auch sowieso nie mehr in die blöde Schule, das hab ich dann davon!! JAWOLL!!!!

Echt, war ich früher auch so? Welche Drogen hab ich in der Schwangerschaft bekommen, dass ich so einen aufmüpfigen Zwerg an meiner Seite habe?! Damit hätte ich mal meiner Mutter früher kommen sollen, ich glaube, die hätte mich auf den Mond geschossen.

Ich sehe meine Serie fern am Horizont entschwinden und frage mich, wie andere Mütter das schaffen, pünktlich um 20 Uhr vorm Glotzofon zu sitzen und gemütlich zu entspannen.

 

Ich wage es, mir zumindest schon mal einen Kaffee zu kochen und das Programm auszuwählen, falls die Hausaufgabentruppe endlich mal fertig wird.

Als der Kaffee duftend mit mir durch den Flur wandert, werden mir erste Erfolgserlebnisse präsentiert. Voller Stolz führt mir mein Sohn seine Schreiberei vor. Ja, die letzten Zeilen sind nicht mehr so akkurat lesbar, aber der gute Wille zählt. Den Rest kann er mit der Lehrerin diskutieren, Hauptsache geschafft.

 

Meine Große ist gerade mittendrin, keine Ahnung ob noch im Chat oder schon bei Latein, jedenfalls winkt sie mich elegant aus dem Zimmer.

 

Mathe schafft der gnädige Herr allein und so schleiche ich leise vor den Fernseher, wo Samantha gerade intensiv mit einem mehr als gutaussehenden Herrn beschäftigt ist. Hach ja. Die hat es gut! Während ich gerade die ersten Schlückchen Kaffee schlürfe und überlege, wo ich die Schokolade diesmal versteckt habe, ruft es ausdauernd aus dem Kinderzimmer: MAAAAMAAAAA!!!! Sapperlotnochmal, was ist denn nun schon wieder?!

Ich stehe nicht auf

ich stehe NICHT auf

Nein, ich stehe nicht auf

ich,...................

scheisse

na gut, ich komme schon!!

 

So, der Herr ist FAST fertig. Ich soll nachrechnen und loben. Ich rechne nach, finde keinen Fehler und lobe. Nun aber flott ins Bett.

Nee, erst noch lesen.

Nein, MAMA guckt jetzt fernsehen, wenn Du vorgelesen haben möchtest musst Du Dich nächstens beeilen.

Nee, ER will lesen.

Auch das noch!

Das kann dauern...

Schnell biete ich eine Geschichte an.

Nee, er will selbst lesen.

Er MUSS auch vorlesen, hat seine Lehrerin gesagt.

So so. Hat sie auch gesagt, Du sollst das machen, wenn die Mama gerade mit Kaffee auf dem Sofa sitzt weil FEIERABEND?

Ja, hat sie gesagt.

Wichtig, hat sie gesagt.

Witzig, sage ich.

Ich sehe, aus der Nummer komme ich nicht raus.

Na gut, dann lies....

Umständlich kramt er seine Fibel hervor.

Blätter, blätter, blätter, blätter (gähn), blätter, blätter,.....

Endlich findet er eine Geschichte, aber eigentlich möchte er die ersten Seiten auch noch lesen.

Nee mein Freund, aber nicht mehr um diese Zeit. Ich möchte doch heute auch gern nochmals ins Bett (ich kenne sein Lesetempo).

Na gut, er will mal nicht so sein.

Zum Lesen muss ich mich zu ihm ins Bett legen.

Langes Geraschel.

Nicht von mir, ich sitze und gut ist.

Nein, der Teddy muss erst noch gut sitzen. Und der Hund. Und der Igel. Und der Frosch. Und Käptn Blaubär. Und Hein Blöd. Und die Eule. Und das Auto. Und der Fussball, und....

Gefühlte 92 Stofftiere später ist der Herr startklar und legt los.

Bühnenreifes Räuspern.

Dann lange Pause.

Was macht er?

Lösung: er liest leise.

Wenn er damit fertig ist, will er laut vorlesen.

Dieses leise lesen dauert....

Ich muss aufpassen, dass mir nicht die Augen zufallen.

Ist das langweilig.

Dass wird einem nie in der Werbung erzählt. Da gehen die "Milka- und Nimm2-Kinder" immer brav mit geschrubbtem Hals in ein aufgeräumtes Zimmer und ins Bett. Apropos Aufräumen, wenn ich mich hier so umschaue, dann...

oh, es geht los.

Erneutes bühnenreifes Räuspern.

Er fängt an.

Na ja....

FLIESSEND ist wohl anders. Wofür war das leise lesen vorher?

Er liest... ich nenne es walisch. Mit übertriebener Betonung und zieht dabei das Wort in die Länge.

Nach zwei Sätzen hab ich keine Lust mehr.

Nach drei Sätzen ist mein linkes Auge schon auf Standbybetrieb.

Nach vier Sätzen erwische ich mich beim Sekundenschlaf.

Und nach fünf Sätzen will er eine Pause machen.

Eine Pause? Wovon?

Ich kann ihn mühsam überreden, noch die letzten zwei Sätze zu lesen und dann ist auch gut.

Scheisse, die letzten zwei Sätze gehen über sechs Zeilen.

Wer hat sich den Mist ausgedacht? Die Handlung ist schnarchlangweilig. Von einem Elefanten, der auf eine Ameise trifft. Na, der Autor hat aber auch keinen Pulitzerpreis verdient!

Ich glaube es waren 11 Minuten. Elf ewig lange Minuten und dann ist die Geschichte fertig. Ich übrigens auch.

Mein Herr Sohn lässt sich überreden, im dunklen noch ein wenig Kassette zu hören und ansonsten zu schlafen.

 

Puh. Ein Kind im Traumland.

 

Kind zwei sitzt zwar noch auf dem Bett, aber die Aufgaben scheinen erledigt. Will nun auch unbedingt vorlesen, was es geschrieben hat.

Latein ist eh meine starke Seite, ich bin ganz begeistert (harharhar).

Ich weise darauf hin, dass ich bereits eine Folge und einen Kaffee verpasst hab. Aber dann gehts richtig los: ungerecht, von dem "Gnom" hätte ich ja auch alles gelesen (Hallo? Erstklässler? Muss ich bei Pubertieren neuerdings auch nachrechnen oder was?!)

Nein, aber den Vortrag anhören muss ich.

Na gut, na gut.

Es geht um irgendeine Geschichte aus Lateinien, die grenzdebil ist und von der ich NULL verstehe.

Ich lobe auch hier. Bin dankbar, dass ich den Kram nicht übersetzen muss zum NACHPRÜFEN, bitte sie, die Sachen vom Bett noch wegzuräumen (sie wirft es auf den Boden und sagt: schon erledigt! Den Teil mit WEGRÄUMEN müssen wir bei Tageslicht nochmals definieren).

Dann ist gut.

 

Sie liest noch ein bisschen.

 

Ich schleppe mich müde zum Fernseher.

Samantha hat mittlerweile einen neuen Typen am Start. Der Kaffee ist kalt und auf Schokolade hab ich auch keine Lust mehr. Meine Augenlider sind auch irgendwie schon ganz schwer.

Beschließe, ins Bett zu gehen.

Ist auch schon spät....

GÄHN....

 

Keine Ahnung, aber in der Woche penne ich grundsätzlich früh ein. Wie machen das andere Mütter nur? Ich glaube, dass sind die Hausaufgaben. Die schaffen mich einfach.

Man sollte mal eine Petition zur Abschaffung dieser gefährlichen Aufgaben machen. Dann wäre mein Abendprogramm gerettet.

In diesem Sinne, gute Nacht!