In unserem kleinen Ort sollte ein Musical für Kinder aufgeführt werden. Eine schöne Idee, ich bin sowieso der Meinung, dass live aufgeührte Schauspiele viel spannender und unterhaltsamer für Kinder sind, als es Kino oder DVD vermögen. Für Kindergeburtstage würde ich mir mal eine Einladung ins Theater wünschen, anstelle von Schwimmbad oder Spielcenter (scheitere aber bei meinen eigenen Kindern auch daran, weil sie der Meinung sind: Das will keiner. Schade.). Wenn es dann noch ein Musical ist mit ansprechender Musik in Ohrwurmqualität und auch noch für Kinder konzipiert, dann her damit!!

 

Leider scheiterte es dann - wie so oft - daran, dass ich mir einfach die Eintrittskarten nicht leisten konnte. 72 Euro für drei Karten, sorry, geht nicht. Davon kann ich zwei ganze Wochen Einkaufen. Für das Geld kann ich beide Kinder komplett einkleiden. Ohne Witz, das geht. Aber 72 Euro für 1 Stunde und 45 Minuten Musical... Schon gar nicht nach so einem teuren Monat wie Dezember, der mich mit seinem Weihnachten und Nikolaus schon ausgebremst hat. Ich bekomme ja nicht mehr Geld, nur weil Heiligabend ist oder die Kinder Geburtstag haben. Und vom Unterhaltsvorschuss was beiseite legen für solche Momente geht auch nicht, weil jeder Monat irgendwelche Extraausgaben fordert: von neuen Schuhen über neue Schulsachen bis hin zu "die Waschmaschine macht komische Geräusche" und "hallihallo hier schreibt Ihr Stromanbieter...". Also blieben uns die vielen bunten Plakate.

 

Dann ergab sich eine Chance: es wurden Mitspielkinder gesucht und Fortuna würde entscheiden, wer mitmachen darf.

Ich schrieb also eine Bewerbung. Meine Kinder lieben Musik, träumen von DSDS (was ein ALPTRAUM!!) und haben Bühnenerfahrung durch Auftritte beim Krippenspiel und ähnlichem.

Wir kamen also in den Lostopf. Wenn sich nun aber tausend Kinder bewerben würden, war die Chance doch recht gering, dass es gerade uns treffen sollte....

Doch Fortuna hatte ein Einsehen und so fiel das Los auf meinen Jüngsten. Mit der Bestätigung trudelte eine sehr professionelle Mappe ins Haus, die unter anderem auch die CD für das Musical enthielt. Für seinen Auftritt musste er ein Lied lernen - was soll ich sagen - wir können sie mittlerweile alle mitsingen. Wenn man mehrfach die mitreissenden Melodien und die lustigen Texte hört, ist man irgendwann selbst am Mitsummen.

Vor dem großen Tag verfiel mein Sohn in ein Lampenfieber, als solle er als Hauptakt auf der Bühne stehen. Falls also einer der Sänger ausfallen würde, mein Sohn war textsicher. Er überlegte ausführlichst, was er denn tragen könnte. Es gab allerdings eine Vorgabe: weißes Oberteil, dunkle Hose. Einheitslook für alle Kinder. Demnach war das Thema geklärt. Am Tag selbst stellte sich allerdings heraus, dass man "weißes Oberteil und dunkle Hose" vielfältig interpretieren kann. Und "weiß" scheint für manche auch auf der Farbpalette gar nicht vorzukommen. Nicht ganz so prickelnd für den Veranstalter, der sicherlich gern ein einheitliches Bild auf der Bühne gehabt hätte, aber na ja.

 

Vor dem Start ein Catering: Was sage ich: eine bunte Süßwarenmischung aus Keksen, Gummibärchen, Schokolade, mini Salamis, aber auch Obst und Getränken. Die Kinder waren begeistert. Mein Sohn plante sofort seine Musicalkarriere und schlug ordentlich bei den süßen Sachen zu. Auch die anderen Kinder taten, als hätten sie seit Jahren kein Bonbon bekommen. Man hätte eine Wette abschließen können, wem als erstes schlecht würde, aber auf die freundlichen Hinweise der Eltern hörten die Kids sowieso nicht. SIE waren hier schließlich die STARS!! Dass das schon mal klar ist.

 

Aber auch für die (vorwiegend) anwesenden Mütter war ein gewisser Promieffekt vorhanden: mit einem Ausweis, der einen Blick hinter die Kulissen ermöglichte, fühlten wir uns wie "Mitspielmütter", zwar nur in zweiter Reihe, aber doch wichtig.

Die Kinder, frisch aufgedreht durch den Zuckerschock, lieferten sich derweil spannende Kämpfe mit Laserschwertern, die ein findiger Verkäufer im Forum anbot.

 

Vorab gab es eine Begrüßung und dann eine Einführung in das Stück. Die Kinder waren ehrfurchtsvoll dabei. Wann sieht man schon mal Schauspieler von Plakaten so aus der Nähe? Und darf auf der Bühne stehen? Zumal die Bühne, wenn man denn drauf stand, doch sehr beeindruckend wirkte uns so manches Kinderherz ein paar extra Schläge machte.

 

Während wir Mütter unsere Spielkids für den Auftritt be-... ja was eigentlich? BEruhigten? BEmutterten? BEspaßten? BE-.... nun, wir versuchten, die Kinder soweit zu BEschäftigen, dass sie bis zur Vorstellung nicht herummäkelten. Denn nun begehrte das Publikum Einlass und das dauerte entsprechend.

Die Kids kamen erst im letzten Lied zum Einsatz, bis dahin durften sie aus dem Publikum das Stück verfolgen.

Eine schöne Geschichte über ein Gespenst, verpackt in tolle Musik und witzige Texte. Die Lieder kannte ich nun schon zur Genüge und konnte mich nicht bremsen, ebenfalls mitzusingen, was mir einen genervten Blick meines Mitspielkindes einbrachte. Aber - er saß bei den anderen Kindern und konnte nicht eingreifen. Außerdem war ich umgegeben von den übrigen Müttern, die sich ebenfalls der Musik hingaben. An dieser Stelle wird klar, dass wir Mütter nicht so ganz ohne Grund unsere Kinder begleiten :-)

 

Der große Auftritt rückte näher. Komisch, obwohl es ja gar nicht MEIN Auftritt war, bekam ich feutchte Hände und wackelige Knie. Den anderen Müttern schien es ähnlich zu gehen, aufgeregt rutschten wir auf unseren Stühlen herum.

Da sieht man dann aber auch wieder, wie entspannt Kinder damit umgehen. Zu Hause noch ein Lampenfieberladen, jetzt total cool! Locker gingen sie auf die Bühne, genossen das Scheinwerferlicht und die neidischen Blicke der anderen Kinder im Publikum. Zudem gab es einen Leuchthandschuh, mit dem zur Musik gewunken werden sollte. Ein tolles Bild.

Standing Ovations von den Müttern nach dem Auftritt. Wir konnten uns gerade noch bremsen Shirts und Blumen auf die Bühne zu werfen. Ja, wenn peinlich, dann richtig!!

 

Nach dem Auftritt hatte sich mein Kind gewandelt. Es entwickelte regelrechte Starallüren. Ja, lässig sei der Auftritt gewesen, krass cool die Bühne, die Leute unten voll begeistert und jetzt bitte eine Portion Pommes, sonst spiele ich die zweite Show nicht mit. Das Wabbelwürstchen aus dem Catering lehnte er ab: "Pommes hab ich gesagt". Da Kinder sich leider in dem Alter noch nicht soooo überzeugen lassen von: "Du hast jetzt zugesagt, also machst Du das, sonst hängen die ohne Dich!" gab es Pommes. Danach mussten wir eine Stunde Spielpause überbrücken. Laserschwert sei Dank kein Problem.

Auch Freundschaften unter den Kindern entwickelten sich. Erstaunlich, wie schnell sich fremde Kinder unterschiedlicher Altersstufen anfreunden können, besonders, wenn es keine Alternative gibt. Klar ist aber auch, dass diese eine Haltbarkeit von mehreren Stunden haben und dann in Vergessenheit geraten. Ähnlich einer Urlaubsbekanntschaft - man tauscht Nummern aus und hört nie wieder etwas voneinander.

 

Auch die zweite Show lief problemlos, eigentlich noch etwas besser, weil die Kinder nun wussten, wie es auf der Bühne abläuft und nicht mehr auf Zeichen oder Hinweise achten mussten.

 

Nach dem Ende der Show gab es noch gemeinsame Fotos mit den Darstellern und den Rest vom Catering. Ein herrliches Erlebnis für meinen Sohn, der spontan beschlossen hat, Schauspieler zu werden. Am besten sofort, denn Schule ist so gar nicht sein Ding. Auf jeden Fall merkt man nach solchen besonderen Tagen, wie sich Kinder verändern und wieder einen Entwicklungssprung machen. Sie sehen, was alles möglich ist und wenn die Aufregung abfällt können sie auch alles genießen. Für das Ego von den Kleinen schon sehr wichtig. Mein Sohn hat danach seine Schüchternheit abgelegt. Einmal auf der Bühne vor so vielen Leuten stehen - kein Thema mehr für ihn. Na ja und das mit der Schauspielerei.... mal sehen, was als nächstes Tolles auf dem Programm steht.

 

(Foto Musical "Das Gespenst von Canterville" - Christian Berg. Prädikat: Absolut empfehlenswert!)